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07.02.2020
Masterplan statt Sippenhaft

Schwarzenfeld/Pfreimd (Der Neue Tag - 07.02.2020)

Die Naabtaler Milchwerke GmbH und Co. KG Privatmolkerei Bechtel war am Donnerstag das Ziel von Ulrike Müller, Europaabgeordnete der Freien Wähler. So groß war dort der Gesprächsbedarf, dass die Politikerin und ihre Parteikollegen auf eine große Werksbesichtigung zugunsten einer Diskussion verzichtet haben. "Ich habe auch etwas auf dem Herzen", bekannte Müller und deutete an, dass ihr an ethisch-moralischen Möglichkeiten gelegen ist. René Guhl, Geschäftsführer der Milchwerke, legte dar, was sein Betrieb hier zu bieten hat : vom Einsatz für gentechnikfreie Milch, über eine eigene Abwasseranlage bis hin zum Bienenhaus auf dem firmeneigenen Blühstreifen.

"Wir haben keine Greta gebraucht, um unserer ökologischen Verantwortung gerecht zu werden", zeigte er sich überzeugt und empörte sich über die Verunglimpfung der Landwirte, wenn es um Umweltschutz geht. Die Landwirtschaft müsse raus aus der Schmuddelecke der Verursacher, hinein in die Liga der Problemlöser. "Nur wer ökologisch verantwortlich handelt, wird dauerhaft ökonomisch erfolgreich sein", so seine Devise.

Nicht als Lieferanten, sondern als Partner betrachte er als Unternehmer die Landwirte, betonte Guhl und führte ins Feld, wie sein Betrieb hier agiert: mit einer Förderung von Erzeugergemeinschaften, einem Tierschutz-Siegel und einem zusätzlichen Milchgeld. "Wenn wir es nicht schaffen, den Landwirten ein Einkommen zu bieten, wie soll dann die nächste Generation den Hof der Eltern übernehmen?", gab er zu bedenken.

Corona-Virus und die Milch

Wie komplex dabei Preispolitik ist, machte er an einer Grafik deutlich, die zeigt, in welche Kanäle die Milch aus und nach Deutschland fließt. "Das Corona-Virus spüren wir hier in Deutschland durch einen Logistik-Stopp", berichte er mit Blick auf China. "Früher hieß es: Wen interessiert es, wenn in China ein Sack Reis umfällt?

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"Ein kompletter Rundumschlag", urteilte schließlich die EU-Abgeordnete, die mit praktischem Wissen aus dem familieneigenen 80-Kuh-Betrieb im Allgäu aufwarten konnte. Auch sie machte keinen Hehl aus der Sorge um ein Auskommen der Landwirte, verwies aber auch auf die schwierige Gratwanderung bei der Suche nach mehrheitsfähigen Lösungen. "Der Grüne Deal spaltet Europa mehr, als er verbindet", meinte die 57-Jährige.

Einen Ansatzpunkt sah die Politikerin in der Bodenbewirtschaftung: "Wir brauchen die Gülle, aber wir müssen sie den Pflanzen optimal zur Verfügung stellen." Sicher gebe es auch in der Landwirtschaft Schwarze Schafe, aber das rechtfertige noch keine Sippenhaft. Ein Leitfaden Tierhaltung, einheitliche Vorgaben, weniger Hürden beim Stallbau und ein Netzwerk: Von diesen Punkten verspricht sich Müller Erleichterungen für die Landwirte. "Einen Masterplan, der über eine Legislaturperiode hinausgeht" gab ihr Guhl als Wunsch mit auf den Weg und zeigte sich am Ende einig mit der Besucherin, dass nicht immer Europa schuld am Frust der Landwirte ist.

Der Frust bei den recht komplizierten Anträgen auf Leader-Förderung war dann Thema bei einem Besuch im Pfreimder Rathaus. Von Bürgermeister Richard Tischler erfuhr die Abgeordnete vor einem Eintrag ins Gästebuch außerdem, mit welchen Hürden kleinere Städte bei Grunderwerb und Ausweisung von Bauland kämpfen.

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