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10.09.2020
Freie Wähler plädieren für weitere Lockerungen

München (Der Neue Tag - 10.09.2020)

Der Eindruck, den der Münchener Virologe Oliver Keppler bei den Freien Wählern auf deren Klausur in München hinterlässt, ist nachhaltig. Keppler habe ein „sehr realistisches Bild“ gezeichnet, fasst Fraktionschef Florian Streibl dessen Referat zur Corona-Lage diplomatisch zusammen. Manche Abgeordnetewirkendagegen regelrecht konsterniert. Benno Zierer etwa muss sich erst mal sammeln, um für sich mit der Einschätzung des Experten klar zu kommen, dass es noch Jahre dauern könnte, bis das Virus im Griff ist. „Er hat uns nicht viel Hoffnung gemacht, dass es schnell geht“, berichtet er.

Neben der FDP sind die Freien Wähler die ersten, die den Klausurenherbst 2020 unter Corona-Bedingungen eröffnen. Die Kleine Olympiahalle als Tagungsort, der im bestuhlten Normalbetrieb 2000 Menschen Platz bietet, ist wegen der strengen Abstandsregeln für die 27 Abgeordneten und die rund 30 Mitarbeiter gerade groß genug. Überall stehen Warnhinweise, Absperrbänder und Desinfektionsspender, Einlass gibt es nur mit der unterschriebenen Selbstauskunft, Corona-frei zu sein. Natürlich besteht mit Ausnahme der Sitzplätze Maskenpflicht, das Mittagessen wird an Einzeltische serviert.

Glaubt man Keppler, wird das noch länger so bleiben. „Wir werden wohl noch Jahre mit Corona leben müssen“, erklärt Streibl. Denn dass es schon bald einen ebenso verträglichen wie wirksamen Impfstoff geben könnte, habe Keppler als eher unwahrscheinlich bezeichnet. Streibl aber wehrt sich gegen aufkommende Depression. Man müsse eben im Corona-Modus weiterleben und -arbeiten, so nahe wie möglich an der bisher gewohnten Normalität.„ Wenn die einfachen Regeln wie Maske, Abstand und Hygiene eingehalten werden, müsste alles andere wieder möglich sein“, glaubt Streibl – Großveranstaltungen ausgenommen. Streibl plädiert deshalb für weitere Lockerungen im Rahmen des Möglichen. Man könne nicht zwei oder drei Jahre im Lockdown leben, das hielten weder Wirtschaft noch Gesellschaft aus. Streibl schlägt vor, den von der Staatsregierung geplanten Ethikrat damit zu beauftragen, die Pandemie-Lage zu begleiten und alle Maßnahmen auf eine gesellschaftlich breitere Basis zu stellen. Dies könne die Akzeptanz erhöhen und Verschwörungstheoretikern und Demokratiefeinden den Boden entziehen. Das sei bisher noch eine Idee, konkret wird Streibl nicht.

Nun gehörte Streibl schon in der Vergangenheit nicht zu den Lockerungsdränglern bei der Freien Wählern, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger schon. Man müsse die Öffnungen „systematisch weiterfahren“, sagt er und verweist auf die baldige Freigabe für die Kneipen in Bayern, die er seit Monaten gefordert hatte. Klar müsse man weiter vorsichtig sein und die Infektionsrisiken minimieren. Es wäre aber falsch zu sagen, die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben müssten generell eingeschränkt bleiben. „Es muss ein Grundoptimismus zurückkehren“, betont Aiwanger, man brauche „möglichst viel wirtschaftliche und gesellschaftliche Normalität“. 

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